Die digitale Revolution rüttelt an den bestehenden Modellen der Wertschöpfung. Auch in der Werbung. Reklame war gestern, Zeitung, Radio und TV haben schon lange Konkurrenz bekommen – das Netz, soziale Medien, neue Technologien, neue Kanäle zum Kunden. Der Leser, Nutzer, Zuschauer und Hörer von früher ist in dieser interaktiven Welt vom Empfänger zum Sender geworden. Die vielen Daten über sein Verhalten ermöglichen zielgruppenspezifische Werbung wie nie zuvor. Die Argumente klingen verlockend: günstigere Preise, hohe Leistung, mehr Transparenz. Doch mehr Möglichkeiten sorgen auch für mehr Komplexität und damit mehr Verunsicherung – das ist eine große Chance, aber auch eine Herausforderung zugleich für Werbeagenturen, sagt Björn Hieber, Geschäftsführer der Agentur Markatus aus Coburg und Berlin.
Hieber: Bis vor wenigen Jahren ging es ja für Agenturen in erster Linie darum, sich im Auftrag ihrer Kunden um den kreativen Input zu kümmern, die Werbemittel entsprechend zu gestalten, die Mediaplanung zu organisieren, also in welchen Werbekanälen wann welche Werbung platziert wird, und als Hauptagentur den Werbeetat dementsprechend zu steuern. Man war also klassischer Dienstleister in enger Absprache mit der Marketing- oder Werbeabteilung des Auftraggebers. Das hat sich gewandelt. Heute sind Agenturen wesentlich näher dran am Unternehmen, nicht mehr nur als Dienstleister, sondern als Berater. Die Digitalisierung und ihre marketingrelevanten Möglichkeiten greifen viel tiefer in Unternehmensprozesse ein als früher die Gestaltung und Steuerung klassischer Werbung. Vor diesem Hintergrund begleitet man als Agentur Unternehmensveränderungen sehr intensiv. Letztlich geht es darum, effizient Marketing zu betreiben. Da wird viel in Frage gestellt, da werden Strukturen auch mal aufgebrochen. Als Agentur muss man also auch heute noch kreativ sein und gut planen und organisieren können, dazu aber eben auch strategisch denken.
Hieber: Letzten Endes schon, nur das Unternehmen selbst kennt ja seine Branche, seine Markt, seine Kunden. Doch wie es seine Zielgruppe erreicht oder überhaupt erst erschließt, über welche Kanäle das am besten funktioniert, da hat sich eben in den letzten Jahren sehr viel getan, und das noch in einer sehr hohen Geschwindigkeit. Da kann man als Unternehmen sehr leicht den Überblick verlieren, was überhaupt relevant ist. Und es macht ja häufig keinen Sinn, eine Vielzahl an externen Dienstleistern und Agenturen zusammenzubringen, um sich selbst erst einmal den Überblick zu verschaffen. Dann ist der Zug schon längst weitergefahren. Hier setzen mehr denn je Agenturen an, entschleunigen Marketingprozesse für ihre Auftraggeber, damit diese sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Um das aber leisten zu können, setzen sich Agenturen mehr als früher intensiv mit dem Unternehmen auseinander, wollen es gut kennen. Nur daraus entstehen dann vertrauensvolle verbindliche langfristig erfolgreiche Beziehungen zwischen Unternehmen und Agenturen.
Hieber: Ich kann da nur von uns sprechen: Es gibt vor allem drei Kompetenzen, die wir als Agentur aufbauen und pflegen: Zum einen arbeiten wir an unseren analytischen Fähigkeiten. Da gibt es viele technische und intellektuelle Tools, über die wir mittlerweile verfügen. Zum zweiten sind wir fit in Sachen Online-Marketing, um den Kunden umfassend beraten zu können. Das betrifft sowohl die Erstellung von Inhalten als auch umfassende Kenntnisse der Marketing- und Onlinewelt im Netz. Zum dritten verschieben sich die Schwerpunkte unserer Arbeit vom kreativen Feld hin zur Technik. Es gibt ganz einfach mittlerweile eine große Anzahl an Werkzeugen, die auf der Basis der Digitalisierung und der entsprechenden großen Datenmengen hervorragende Dienste für unsere Kunden leisten können.